Arbeitszeitkonto in der Leiharbeit

  • Liebe Gemeinde. Ich habe in einem Konkurenzforum diesen Beitrag gefunden. Hierauf gab es bislang nur drei Antworten. Mich interessiert das Thema deshalb, weil wir in unserem Betrieb seit rund sechs Monaten auch Leiharbeiter im Einsatz haben. Diese hatten bislang noch nicht das Problem, wie in diesem Beitrag beschrieben, weil sie bislang immer durchgängig im Einsatz waren. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Der Informationsgehalt der bisherigen Antworten im Konkurenzforum zu diesem Beitrag wäre meiner Auffassung noch steigerungsfähig. __________________________________________________________

    Hallo Leute ! Ich bin beschäftigt in einem Betrieb mit rund 820 Arbeitnehmern. Ich bin Mitglied im BR, der aus 13 Mitgliedern besteht. Ich bin erstmals im Mai letzten Jahres als Kandidat angetreten und über Listenwahl gewählt worden. Im Moment also beschränkt ahnungslos.

    Wir haben nach TV eine 35 Stundenwoche. In den ersten 6 Monaten lief es nicht sonderlich gut bei uns, sodass wir uns mit dem AG am 10.06.2019 kurzfristig darauf verständigt haben, für den Zeitraum vom 17.062019 bis 05.07.2019 den Betrieb wegen Betriebsurlaub zu schließen. Über den Betriebsurlaub haben wir in Abstimmung mit der Gewerkschaft mit dem AG eine für alle annehmbare BV geschlossen.

    Wir haben bei uns im Betrieb ca.25 Leiharbeiter beschäftigt. Die Leiharbeiter, als auch die Leiharbeitsfirma wurden über den bevorste-henden Betriebsurlaub von unserem AG auch sofort informiert. Die Leiharbeiter haben gleichzeitig ihre Firma informiert. Die Leiharbeits-firma hatte jedoch für diesen Zeitraum nicht für alle Leiharbeiter eine Einsatzmöglichkeit.

    Vorige Woche kamen einige Leiharbeiter mit Ihren Juni-Abrechnungen. Daraus war ersichtlich, dass man Ihnen die Ausfallstunden vom 17.06. bis zum 28.06 bezahlt hat. Allerdings wurden die 70 bezahlten Ausfallstunden alle mit dem Arbeitszeitkonto verrechnet. Das heißt, sofern das Arbeitszeitkonto im Plus stand dass die Plusstunden in abgezogen wurden. Stand dagegen das Arbeitszeitkonto auf Null, wurden die 70 bezahlten Ausfallstunden als Minusstunden in das Arbeitszeitkonto eingestellt.

    Meine Frage ist nun, ob die 70 bezahlten Ausfallstunden alle mit dem Arbeitszeitkonto verrechnet werden durften ? Mein Verstand sagt, ich weiß es nicht. Mein Bauchgefühl zweifelt jedoch erheblich. Wie ist Euere Meinung ?

    Vorab schon mal heißen Dank für Euere Beiträge.

  • Zitat von iwan

    in einem Konkurenzforum

    Mir ist schon klar, dass es auch andere Foren gibt, die sich mit BR-Arbeit beschäftigen. Nur als Konkurrenz sehe ich sie nicht. Zum Einen, weil ich keines kenne, dass diesem hier das Wasser reichen kann, zum Anderen sind auch dort Kollegen auf der Suche nach Unterstützung. Wo ist da die Konkurrenz? ;)

    Zum Thema: Das ist eine (leider) weitverbreitete Praxis bei Verleih-Firmen. Nach meinem Wissen nicht zulässig, da hier das unternehmerische Risiko auf die AN abgewälzt wird. Aber zuständig wäre (wenn überhaupt) der BR des Verleihers.

    Als BR des Entleihers kann man zwar die Kollegen informieren, dass sie ihr Geld einklagen können - aber vermutlich sind sie dann ihren Job los...

    Was ich mich frage: wenn die Leiharbeitnehmer doch ebenfalls rechtzeitig informiert wurden - was hat sie daran gehindert ebenfalls Urlaub zu nehmen in der Zeit? Schon wären sie raus aus der Murmel...

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo

    Ich sehe das genau wie Moritz.

    Zitat von Moritz

    Als BR des Entleihers kann man zwar die Kollegen informieren, dass sie ihr Geld einklagen können

    Hier kommt es dann auch auf den eventuell anzuwendenden Tarifvertrag und/oder AV an

    Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt, sei wachsam

    Reinhard Mey

  • Hallo zusammen,

    zuerst einmal: Den Begriff Konkurenzforum von Iwan finde ich auch sehr unglücklich gewählt. Ich bin da der gleichen Meinung wie Moritz.

    Aber jetzt zum Thema: Das BAG hat zwar schon einmal in einem anders gelagerten Fall darüber entschieden und gesagt, dass man durchaus das Zeitkonto nutzen kann, um einsatzfreie Zeiten zu verrechnen. Allerdings nur unter bestimmten Vorraussetzungen. http://juris.bundesarbeitsgeri…15-01-06/5_AZR_483-12.pdf

    Ob man dies aber auf einen Betriebsurlaub beim Entleiher übertragen kann, wage ich allerdings zu bezweifeln. Ich denke, dass es in solch einem Fall auch darauf ankommt, was in der Betriebsvereinbarung beim Entleiher drinsteht. Erstens, ob eine Verrechnung mit dem Zeitkonto möglich ist und wie die Reihenfolge zwischen Urlaub und Zeitkonto geregelt ist. Und als Zweites, ob die BV auch für die Leiharbeitskräfte überhaupt gültig ist.

    Hier gibt es scheinbar auch bei Rechtsanwälten durchaus unterschiedliche Meinungen:

    Kontra: https://www.deutsche-anwaltsho…leihfirma-nicht-zulaessig

    Pro: https://www.frag-einen-anwalt.…Mitarbeiter--f251472.html

    Eine Rechtssprechung über Betriebsferien bei der Entleihfirma ist mir aber leider nicht bekannt.

    LG

    Markus

    "Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind" Aristide Briand

  • Danke Markus, das BAG-Urteil kannte ich noch nicht. Insofern wäre tatsächlich erst noch zu prüfen, ob die Kollegen das wirklich einklagen könnten oder ob sie nicht auch einen entsprechenden Passus in ihrem Arbeitsvertrag haben...

    Im Übrigen möchte ich das hier

    Zitat von Moritz

    wenn die Leiharbeitnehmer doch ebenfalls rechtzeitig informiert wurden - was hat sie daran gehindert ebenfalls Urlaub zu nehmen in der Zeit?

    revidieren.

    Bei nochmaliger Lektüre des EP ist mir das hier aufgefallen:

    Zitat von iwan

    wir uns mit dem AG am 10.06.2019 kurzfristig darauf verständigt haben, für den Zeitraum vom 17.062019 bis 05.07.2019 den Betrieb wegen Betriebsurlaub zu schließen. (Fettung durch den Zitierenden)

    Ich wäre auch nicht in der Lage innerhalb von einer Woche meinen dreiwöchigen Jahresurlaub zu planen...

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo Leute,

    nun komme ich von der Seite,

    warum dürfen uns die Leiharbeitnehmer mit wählen?

    ganz simpel, weil wir über Sie zu den Themen des Arbeitsschutzes mitbestimmen dürfen und müssen wenn Sie unseren Betrieb betreffen.

    Das Arbeitszeitgesetz ist sicher ein Arbeitsschutzgesetz weil das so schon im Gesetz steht. Das Bundesurlaubsgesetz ist analog dazu auch ein Arbeitsschutzgesetz.

    Wenn wir also schichtpläne mit verbindliche Urlaubszeiträume für unsere Beschäftigten vereinbaren dann gelten diese regeln sowohl für die ANÜ's wie für unsere Stammbelegschaft. Die Einhaltung der Anforderungen an Arbeitszeit, Schichtpläne und freie Tage ist mit unseren Regelungen abgeschlossen.

    Wenn dann in der Regelung zu den freien Tagen drin steht, dass statt Urlaub auch Freizeit hierfür eingesetzt werden kann, dann ist auch das so.

    Wie wollt ihr als BR sonst die Einhaltung des Arbitsschutzgesetz zur Arbeitszeit für die ANÜ überwachen, wenn die immer wo anders eingesetzt werden können und damit im Extremfall an 365 Tage im Jahr ohne Urlaub und Ruhezeit arbeiten?

    Wie gesagt, einfach mal so rausgehangen. Aber unsere ANÜ's hatten auch 30 Tage Urlaub wie wir und eine 35 Stundenwoche weil tarifgebunden, sonst hätten wir der Einstellung dieser ANÜ's auch nicht zugestimmt.

    Gruß

    Rabauke

  • So aus der Ferne betrachtet halte ich die Minusstunden mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit für eine unangemessene Benachteiligung wegen §615 BGB, für den Abbau von Plusstunden würde ich behaupten, wenn es im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag dazu eine Regelung gibt (und ich vermute sehr stark, dass es diese gibt) könnte es tatsächlich seine Richtigkeit haben.

    Insgesamt käme es meiner Meinung nach trotzdem noch darauf an, ob die LAN überhaupt ihre Arbeitskraft dem Verleiher gegenüber angeboten haben.

    Rabauke Du hast da mal deine/eure/unsere Mitbestimmung aber ziehmlich sportlich ausgebeult. Du kannst ziehmlich sicher keine Betriebsvereinbarung mit deinem Arbeitgeber abschließen, die den verleihenden Arbeitgeber an was auch immer bindet. Das wäre ein Vertrag zu Lasten Dritter. Wenn denn ein Betriebsrat über die Urlaubsgrundsätze und -pläne eines LAN mitbestimmt, dann der BR des Verleihers.

    Im übrigen redest du da oben von Arbeitnehmerschutzgesetzen, nicht von Arbeitsschutzgesetzen

  • Absender: Rabauke Empfangen: 21.08.2019, 10:09 Empfänger: Kulum Betreff: RE: Arbeitszeitregelung und urlaubsregelung ANÜ

    Kulum,

    scheinbar bist du nicht auf dem Stand der Zeit und der auch von Gerichten bestätigten Praxis.

    Was du schreibst gilt sicher für Werkverträge. Du hast mir ja auch noch nicht auf die Frage geantwortet, warum uns die leiharbeitnehmer wählen dürfen, wenn wir nicht für Sie machen dürfen.

    Das der Entleiher-BR Mitbestimmungsrechte hat bezüglich der AZ, Lage der Arbeitszeit, lage der Pausen etc. wurde auch von einem LAG bestätigt. Ich gehe davon aus, dass dieses Urteil, sollte es auch zum BAG gehen auch dort bestätigt wird. der BR des verleihers hatte zumindest seine Klage verloren. Lese hier:

    https://www.igbce.de/leiharbei…cht%20dar%C3%BCber%20hat.

    Rabauke

    wir müssen nicht zum einen via PN und zum gleichen Thema im Forum schreiben. Ich war mal so frei deine PN hierher zu kopieren.

    Evtl. fällt dir bei nochmaligem Lesen auf, dass ich an keiner Stelle bestritten habe (im übrigen ebensowenig wie alle anderen, die bisher geantwortet haben), dass der BR des Entleihers hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit, der Lage der Arbeitszeit und der Lage der Pausen in der Mitbestimmung ist. Natürlich ist der BR des Entleihers hier in der Mitbestimmung.

    Wie du aber aus der Mitbestimmung des BR des entleihenden Unternehmens bei §87 Abs.1 Ziff.2 eine Mitbestimmung nach Ziff.5 ableitest ist mir ein echtes Rätsel.

    Nicht ganz so angetan bin ich von deiner etwas vermessenen Unterstellung "Stand der Zeit und von Gerichten bestätigten Praxis"

    Damit wir beide mal auf dem gleichen Stand sind - ich bin ehrenamtlicher Richter am ArbG. Auch ich gehe davon aus, wenn man Beschwerde eingelegt hätte, hätte das BAG den Beschluss bestätigt. Da der Beschluss jedoch aus dem Jahr 2011 stammt, dürfte die Notfrist wohl verstrichen sein. Spielt im Grunde auch gar keine Rolle, das BAG hatte nämlich bereits 1997 in einem ähnlich gelagerten Fall genauso entschieden.

    Deine Sprünge in den Vorschriften entsprechen mitnichten der Praxis an den Gerichten. Mal ne Frage, da du ja scheinbar grundsätzlich Mitbestimmung des BR des entleihenden Betriebs im Rahmen des 87er unterstellst. Wollt ihr auch gleich Ziff.4 mit eurem AG zu Lasten des Verleihers regeln? Macht es dir dieses Beispiel vielleicht deutlich, dass es so einfach nicht ist?

    Mal weiterhin als Verständnishilfe. Wir hatten im von dir geposteten Fall weder eine Klage noch ein Urteil. Es handelte sich um ein Beschlussverfahren, dieses endet mit einem Beschluss - ja ok, manchmal auch mit einem Vergleich. Das es sich um ein Beschlussverfahren handelt erkennst du am "BV" im Aktenzeichen, steht dort nur BV handelt es sich um erstinstanzliche Beschlussverfahren, steht dort, wie in unserem Fall, TaBV handelt es sich um eine Beschwerde gegen einen Beschluss des Arbeitsgerichts in Beschlussverfahren.

    Antragsteller (nicht Kläger) war der BR des entleihenden Unternehmens. Antragsgegner war nicht - und da kann ich dich beruhigen, diese Konstellation wirst du nie erleben - der BR des Verleihers, sondern der entleihende Betrieb selbst, der hier die Mitbestimmung hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit bestritten hat.

    Deine Frage, warum uns die LAN wählen dürfen, wenn wir nichts für sie machen dürfen, ist noch offen.

    Doch doch, wir sind für LAN zuständig, wir sind bei LAN in der Mitbestimmung - aber nicht im gleichen Umfang wie für die Mitarbeiter des Betriebes. Ich habe auch an keiner Stelle behauptet, dass wir nichts für die LAN machen dürfen, die Behauptung hast du mir lediglich in den Mund gelegt.

    Viele Grüße

    P.S. Bevor das bei dir schief geht. Nein, was ich geschrieben habe gilt auf keinen Fall für Werkverträge. Da solltet ihr euch selbst bei der Lage und Verteilung der Arbeitszeit bitte raushalten. Für die seid ihr fast gar nicht konkret zuständig.

  • Hallo Leute,

    ich habe mich selbst mal in die Sache vertieft und bin auf das Hier gestoßen :

    BAG, Beschluss vom 19. 6. 2001 – 1 ABR 43/00

    BetrVG § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3, § 95 Abs. 3 Satz 2, § 99; AÜG § 14

    1. Ob bei Maßnahmen, die Leiharbeitnehmer betreffen, der Betriebsrat des Verleiherbetriebs oder derjenige des Entleiherbetriebs mitzubestimmen hat, richtet sich danach, ob der Vertragsarbeitgeber oder der Entleiher die mitbestimmungspflichtige Entscheidung trifft.

    2. Die Entsendung von Leiharbeitnehmern in Betriebe, deren betriebsübliche Arbeitszeit die vom Leiharbeitnehmer vertraglich geschuldete Arbeitszeit übersteigt, ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitbestimmungspflichtig, sofern die Entsendung für eine entsprechend verlängerte Arbeitszeit erfolgt. Das Mitbestimmungsrecht steht dem beim Verleiher gebildeten Betriebsrat zu.

    BAG, 19.06.2001 - 1 ABR 43/00 - dejure.org

    https://dejure.org/.../rechtsp…..19.06.2001...1%20ABR%20.

  • Hallo Iwan,

    genau und auf Grundlage dieses Beschlusses hat das LAG Düsseldorf dem Entleiher BR bei der Festlegung der Arbeitszeit, Lage der Arbeitszeit, Pause etc. die Mitbestimmung zugesprochen und dem Verleiher-BR abgesprochen, weil die Leiharbeitnehmer wie die eigenen Arbeitnehmer zu betrachten sind da sie den Weisungen was Arbeitszeit und Pause angeht des Entleihers unterliegen.

    Die Frage die sich dann stellt ist, wieweit kann dann der Entleiher-BR mit dem Arbeitgeber und dem Verleiher Regeln vereinbaren, die einzuhalten sind. Bei uns ging das hin bis zur Überprüfung der Arbeitszeitkonten, der Einhaltung der Ruhezeiten und der Festlegung von Freischichten und Urlaubstage. Aber bei uns waren die Leiharbeitnehmer auch immer für eine längere Zeit (bis zu 6 Jahren) eingesetzt. Erst mit der Gesetzesänderung und der Tarifänderung sind dann aus den Leiharbeitnehmer eigene Beschäftigte geworden so das jetzt bei meinem Arbeitgeber von ehemals ca. 120 Leiharbeitnehmer nun dieser auf Null Leiharbeitnehmer runter ist. Leiharbeitnehmer setzen wir nun nur noch in Ausnahmefälle für "Spitzen" ein, die wir mit dem eigenen Personal nicht erledigt bekommen.

    gruß

    Rabauke

  • Hallo,

    hier kommt es auf die Vereinbarung zwischen Verleiher und Mitarbeiter an.

    Der von dir genannte Zeitraum ist bei vielen Unternehmen Urlaubszeit, was die Auftragslage der Dienstleister eigentlich im Durchschnittsjahr unter die Decke schraubt - einen neuen Einsatz für diesen Zeitraum zu finden, sollte für jeden halbwegs passablen Disponenten einfach sein.

    Hier ist die Sache - will der Mitarbeiter vielleicht frei haben und der Arbeitgeber/Dienstleister hat dies genehmigt?

    Will der Mitarbeiter von sich aus keinen anderen Einsatz und anstatt eine Abmahnung oder gar Kündigung mit Konventionalstrafe wegen "Einsatz abgelehnt" zu riskieren, lieber eine Verrechnung von Urlaub/Gleitzeit hinnehmen?

    Welcher Tarifvertrag liegt vor? Man darf bei 99% der tariflich gebundenen (zb igz oder bap) das Konto als Dienstleister nicht so weit ins Negative belasten, nur der Mitarbeiter darf freiwillig Gleitzeit bis höchstens -21 Stunden unterschreiben. Ein "Anweisen" von Freizeitausgleich, also in den Urlaub "schicken", darf der Arbeitgeber nur zwei Tage pro Monat. Übliche Praxis sind hier aber blanko Urlaubs- und Gleitzeitanträge mit der Unterschrift des Mitarbeiters - meist wird sowas unter einem Vorwand durch den Mitarbeiter im Vorfeld unterschrieben ("Hier, unterschreiben sie doch ein paar blanko Anträge, wenn Sie mal Urlaub wollen, müssen Sie nicht extra in die Filiale kommen, sondern rufen einfach an und wir tragen es dann in den Antrag ein"...hach wie nett!).

    Solche Anträge werden häufig missbraucht für exakt solche Überbrückungsfälle. Dann hat man nämlich einen unterschriebenen Antrag und der Mitarbeiter kann im Grunde nichts machen. Daher - allen Leiharbeitern sagen, dass sie sowas niemals blank im Vorfeld unterschreiben sollen und beim Dienstleister regelmäßig ("aus Gründen der Fertigungs- und Einsatzplanung") Stunden und Urlaub übermitteln lassen. Dann sieht man auch direkt wie sauber gearbeitet wird, zb wenn jemand nach 5 Tagen krank 14 Stunden weniger auf dem Konto hat - so hat der Dienstleister zwei der Tage angewiesen und zurückdatiert (=im Freizeitausgleich krank geworden? Pech gehabt, Stunden werden nicht zurückgebucht). Naja, geht am Thema vorbei.

    Wenn Derartiges ansteht, sollte der Entleih-Betrieb die Mitarbeiter immer abmelden und eine Abmeldebestätigung mit aktuellem Urlaub/Gleitzeitstand anfordern - dann befindet sich der Mitarbeiter nämlich definitiv in "einsatzfreier Zeit" und es steht ihm oder ihr damit Garantielohn/zeit zu. Heißt, der Mitarbeiter muss bezahlt werden und man darf (eigentlich) nichts vom Konto oder Urlaub nehmen, bis auf zwei Tage Gleitzeit, sofern das Konto dadurch eben nicht negativ belastet wird.

    Also kurz:

    Wenn der Mitarbeiter das wollte, ist das korrekt.

    Wenn er dies nicht wollte oder korrekt abgemeldet wurde, hat der Dienstleister den Leiharbeitern Unrecht getan. Würde sowas an den Besteller/Entscheider herantragen und um eine Klärung mit dem Verleihbetrieb bitten. Es ist deren Betriebsrisiko, Mitarbeiter in einsatzfreier Zeit bezahlen oder weitervermitteln zu müssen. Deren Risiko darf nicht zu Lasten des Mitarbeiters gehen.

  • BAG, 26.01.2011 - 5 AZR 819/09 - dejure.org


    a) Ein Arbeitszeitkonto gibt den Umfang der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit wieder und kann abhängig von der näheren Ausgestaltung in anderer Form den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ausdrücken (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 16, DB 2011, 306; 28. Juli 2010 - 5 AZR 521/09 - Rn. 13 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 2). Die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden setzt folglich voraus, dass der Arbeitgeber diese Stunden im Rahmen einer verstetigten Vergütung entlohnt hat und der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist, weil er die in Minusstunden ausgedrückte Arbeitszeit vorschussweise vergütet erhalten hat. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitnehmer allein darüber entscheiden kann, ob eine Zeitschuld entsteht und er damit einen Vorschuss erhält (vgl. BAG 13. Dezember 2000 - 5 AZR 334/99 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 394 Nr. 31 = EzA TVG § 4 Friseurhandwerk Nr. 1). Andererseits kommt es zu keinem Vergütungsvorschuss, wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands Vergütung ohne Arbeitsleistung beanspruchen kann (zB § 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG) oder sich der das Risiko der Einsatzmöglichkeit bzw. des Arbeitsausfalls tragende Arbeitgeber (dazu BAG 9. Juli 2008 - 5 AZR 810/07 - Rn. 22 ff., BAGE 127, 119; ErfK/Preis 11. Aufl. § 615 BGB Rn. 120 ff. mwN) nach § 615 Satz 1 und 3 BGB im Annahmeverzug befunden hat.

    b) Nach diesen Grundsätzen durfte der Beklagte das Arbeitszeitkonto des Klägers nicht mit 217,88 "Minusstunden" belasten. Denn der Beklagte hat dem Kläger keinen Vergütungsvorschuss in dieser Höhe geleistet.

    Quelle : ZeitarbeiterInnen - Ohne Organisation Machtlos (Forum der IG Metall)

    Arbeitszeitkonto:BAG+LAG Urteile zu Gunsten der Leiharbeiter

  • Da du ja explizit nach dem TV fragst, gehe ich davon aus, dass dir die Diskrepanz mit den 70 Minusstunden aufgefallen ist. Weiterhin gehe ich davon aus, dass diese Regel aus dem TV missbräuchlich angewendet wurde um §615 BGB zu umgehen und die AN das Betriebsrisiko tragen zu lassen. Nahezu groteskt finde ich die Unterstellung des ursprünglichen TE, dass da eine "für alle annehmbare" BV zusammengeschustert wurde. Ich gehe ganz grundsätzlich davon aus, dass so kurzfristig, für eine so erhebliche Zeit, nicht viel wirksam in dieser BV vereinbart wurde. Nach meinem Verständnis fanden einzig die Belange des AG in dieser BV Berücksichtigung und diese benachteiligt die AN unangemessen.

  • Zitat von Kulum

    Weiterhin gehe ich davon aus, dass diese Regel aus dem TV missbräuchlich angewendet wurde um §615 BGB zu umgehen und die AN das Betriebsrisiko tragen zu lassen.

    Völlig richtig

    LAG Berlin-Brandenburg, 17.12.2014 - 15 Sa 982/14 -

    1.Der zwischen den BZA und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossene MTV Zeitarbeit vom 22.07.2003 erlaubt es nicht, auf ein Arbeitszeitkonto vorhandene Plusstunden mit Minusstunden zu verrechnen, die sich deswegen ergeben, weil für den Arbeitnehmer keine Einsatzmöglichkeiten bestehen.

    2. Regelungen, die es dem Verleiher ermöglichen, in verleihfreien Zeiten einseitig das Arbeitszeitkonto abzubauen, sind unwirksam.