Kündigung bei Nicht-Herausgabe privater Telefonnummern

  • Hallöchen,

    hatte eben mal wieder eine sehr angeregte Diskussion mit meinem Chef. Er will natürlich, dass alle MA ihre privaten Nummern hinterlegen, um im Notfall erreichbar zu sein. Wenigstens ist ihm aber klar, dass er keinen zwingen kann, dann auch permanent erreichbar zu sein. Aber er will es so.

    Als ich dagegen gehalten habe, dass die MA ja nicht verpflichtet sind, die Nummern rauszugeben (gibt weder Bereitschaft noch ähnliches), meinte er, dann schaut er sich das eine Weile an und dann schmeißt er alle raus. Denn er könne ja etwas Entgegenkommen erwarten von den MA. In anderen Firmen wäre das ja auch üblich. Habe ich natürlich drauf hingewiesen, dass dieses Argument null rechtliche Grundlagen hat und wir MA ja auch nun auch nicht Tausende EUR Prämien einfordern können, weil diese in anderen Firmen ja auch gezahlt werden.

    Ende vom Lied: Er beharrt auf seinem Standpunkt - wer nicht mitmacht, fliegt.

    Ich hoffe jetzt, dass Ihr meine Meinung bestätigen könnt: Eine Kündigung aus dem Grund, keine private Telefonnummer rauszugeben, ist lächerlich.

    Oder???

    Achso: In unseren AV ist dazu NICHTS vereinbart. Soll aber in neuen AV jetzt ergänzt werden.

  • Hallo,

    da habt ihr ja für Euren neu zu gründenden BR bereits ein hervorragendes Thema, denn das unterliegt eindeutig der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

    Direkt nach seiner Wahl kann der BR den AG zu Verhandlungen auffordern und bis dahin jegliche einseitige Maßnahmen des AG untersagen.

    Außerdem sollte der AG auch noch mal darauf hingewiesen werden, daß eine derartige Bestimmung im Arbeitsvertrag u. U. einer AGB-Kontrolle unterliegt gem. §§ 305ff BGB

    http://www.gesetze-im-internet…JNR001950896BJNG023401377

    und aufgrund der Vorgaben des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG

    http://www.gesetze-im-internet.de/bdsg_1990/__32.html

    höchstwahrscheinlich rechtswidrig ist

    Und mit einer entsprechenden BV sind dann alle zum Nachteil der AN weitergehenden individualrechtlichen Vereinbarungen obsolet.

  • Hallo.

    Ganz abgesehen davon, dass der AG keinen Anspruch auf die Telefonnummern hat, stimme ich meinem Vorredner zu bzgl. der Mitbestimmung. Der BR sollte dem AG das mitteilen und ggf. unverzügliche Gegenschritte unternehmen (einstweilige Verfügung etc.).

    Ich stimme auch zu bzgl. der AGB-Kontrolle, eine solche AV-Klausel wäre hinfällig.

    Bei einer Kündigung aus einem solchen Grund würde der AG jeden Kündigungsschutzprozeß verlieren, das sollte man dem AG sagen und auch der Belegschaft. Wenn er sehr viel Geld übrig hat und zeit für Gerichtsverfahren, nun gut.

    Diese Forderung erfüllt m.E. den Straftatbestand der Nötigung, 240 StGB. JedeR AN kann eine Strafanzeige stellen (wird man wohl nicht im Arbeitsverhältnis machen, aber wenn gekündigt wurde, was sollte eineN davon abhalten?), das sollte man dem AG sagen und auch der Belegschaft. M.E. wären die BRM gut beraten, von sich aus diese Strafanzeige anzudrohen, schließlich haben die Kündigungsschutz.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Ihr seid super! Danke :)

    Ich hatte meinen Chef schon drauf hingewiesen, dass solch eine Kündigung völlig unberechtigt sei. Er meinte dann nur "Das werden wir ja sehen".

    Bin aber jetzt erst mal völlig relaxt, weil wir uns auf der sicheren Seite sehen können!

    LG

  • Zitat von Kieslheuerin

    Ich hatte meinen Chef schon drauf hingewiesen, dass solch eine Kündigung völlig unberechtigt sei. Er meinte dann nur "Das werden wir ja sehen".

    Nun denn. Wenn er es wissen will, dann wird er es auch erfahren.

  • So Ihr Lieben, es hat sich tasächlich etwas getan! :(

    Die MA haben ein Schreiben von den Chefs höherer Hierarchien bekommen, in dem ihnen angewiesen wird, ihre privaten Telefonnummern dem unmittelbaren Vorgesetzten zu übergeben.

    "...ist es erforderlich, dass Sie in bestimmten Situationen für die Gewährleistung des Kraftwerksbetriebes erreichbar sind... diese Situationen können in dringenden Fällen eine Vertretung von MA in Folge kurfristigen Ausfalls oder einer betrieblichen Notfallsituation eintreten... Dann kann es unerlässlich sein, Sie auch außerhalb der AZ unter IHrer privaten Rufnummer zu erreichen.... Die Hinterlegung der Privaten Nummer wird künftig auch Bestandteil des ARbeitsvertrages sein..."

    So. Die Nummern sollen in einem PW-geschützten Verzeichnis hinterlegt werden, wo nur die Schichtverantwortlichen und der Kraftwerksleiter Zugriff haben. Die SV sollen nun bei entsprechendem Ausfall eines MA selbstständig sich um Ersatz/Vertretung kümmern. Dies ist aber nicht ihr Aufgabengebiet, wird nun aber vom AG gefordert.

    Es existiert ja noch eine Kraftwerksleiterbereitschaft, die es aber ablehnt, sich um solche "Problemchen" zu kümmern. Sie wären nur für "Notfälle" wie Brand oder Explosionen da. Dafür gibt es aber einen Einsatz- und Notfallplan, wo alles dazu geregelt ist. Ergo, diese Bereitschaft ist ... hm.... sinnlos. Außer dass die Chefs noch mehr Geld bekommen. Das ist aber anderes Thema.

    Unserem BR habe ich dieses Schreiben schon vor ca. 2 Wochen geschickt mit der Bitte um Klärung oder dass sie zumindest die MA über ihre Rechte aufklären. Bis heute keine Reaktion :(

    Da ich nun (noch) nicht weiß, ob ich als eBMR da agieren darf, habe ich die MA nun in meiner Funktion als Kollegin aufgeklärt, dass sie trotz dieses Schreibens nach wie vor NICHT erreichbar sein müssen.

    Leider wird sich das Thema nun erledigt haben. Und in 4 Jahren weiß ich ddann Bescheid - entweder eigener BR oder zumindest eigene Liste!!

  • Dann soll doch der BR eine BV Rufbereitschaft anregen so richtig mit Bereitschaftsprämie pro Woche, Bereitschafts Händy, Vergütung, ... da fällt euch bestimmt noch etwas ein.

    Somit ist der AG gezwungen Stellung zu nehmen.

  • Hallo.

    Ganz pragmatisch: Man hat ja i.d.R. Telefone mit Rufnummernanzeige, wenn also in der Freizeit ein dienstlicher Anruf angezeigt wird, nicht rangehen...

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Ach hört mir bloß auf! Gestern hab ich erfahren, dass der BR das so abgenickt hat. Ich schüttel echt nur noch mit Kopf.

    Das Thema Rufbereitschaft o. ä. haben wir seit Jahren diskutiert. Keine Chance für die AN, da ja unser BR anscheinend nicht so richtig dazu steht. Ich hab echt eine Stinkwut!

    Habe jetzt alle betreffenden Kollegen mündlich informiert, dass sie trotz dieses beknackten Schreibens in keinster Weise verpflichtet sind, ans Telefon zu gehen bzw. auch nach wie vor das Recht haben, Nein zu sagen, wenn sie kurzfristig zur Arbeit angewiesen werden sollen.

    Jetzt nur noch eine einzige Frage dazu: Können die Schichtverantwortllichen nun dazu verpflichtet werden, die Personalplanung bei kurfrisigem Ausfall eines MA eigenständig zu managen? In der Stellenbeschreibung steht jedenfalls nichts davon. Einige von ihnen weigern sich nämlich, da sie der Meinung sind, Änderungen eines bestätigten Dienstplanes liegt nicht in ihrer Verantwortung. Ich würde es vom Gefühl her auch so sehen. Was meint Ihr?

  • Zitat von Kieslheuerin

    Ach hört mir bloß auf! Gestern hab ich erfahren, dass der BR das so abgenickt hat. Ich schüttel echt nur noch mit Kopf.

    Diese Vereinbarung ist rechtsunwirksam da diese den Arbeitsvertrag zu ungunsten des Arbeitnehmers verschlechtern würde.

    Zitat

    [USERNAME]Kieslheuerin]Habe jetzt alle betreffenden Kollegen mündlich informiert, dass sie trotz dieses beknackten Schreibens in keinster Weise verpflichtet sind, ans Telefon zu gehen bzw. auch nach wie vor das Recht haben, Nein zu sagen, wenn sie kurzfristig zur Arbeit angewiesen werden sollen.

    Das solltest Du so machen, gibt natürlich immer Kollegen die alles vom AG hinnehmen.

    Zitat von Kieslheuerin

    Jetzt nur noch eine einzige Frage dazu: Können die Schichtverantwortllichen nun dazu verpflichtet werden, die Personalplanung bei kurfrisigem Ausfall eines MA eigenständig zu managen? In der Stellenbeschreibung steht jedenfalls nichts davon. Einige von ihnen weigern sich nämlich, da sie der Meinung sind, Änderungen eines bestätigten Dienstplanes liegt nicht in ihrer Verantwortung. Ich würde es vom Gefühl her auch so sehen. Was meint Ihr?

    Wenn der Arbeitsvertrag keine Personalverantwortung vorgibt, ist das ihr Recht diese Aufforderung abzulehnen.

  • Zitat von Lockerflockig:

    Wenn der Arbeitsvertrag keine Personalverantwortung vorgibt, ist das ihr Recht diese Aufforderung abzulehnen.

    Danke! Ich sehe das aus so. Denn für die Personal- und Dienstplanung ist immer noch die Führungskraft verantwortlich. Nicht die Mitarbeiter. Sonst könnte man ja noch auf den Trichter kommen, das Vorhandensein einer FK zu hinterfragen ;)

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.