Zulässigkeit einer Klausel zur Anzahl der im Höchstfall zu leistenden Überstunden im Formulararbeitsvertrag

  • Hallo Ihr pfiffigen Betriebsräte!

    Formulararbeitsverträge sind ja einer AGB Kontrolle zu unterziehen.
    Bei unseren Formulararbeitsverträgen steht folgendes:
    "Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Die Beschäftigte ist bereit, notwendige Mehrarbeit, soweit sie angeordnet ist, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu leisten"

    Meint ihr, dass es ausreichend ist, wenn hier von notwendiger Mehrarbeit "im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen" die Rede ist?

    Wird die Klausel mit dieser Formulierung der Anforderung gerecht, die Anzahl der im Höchstfall zu leistenden Überstunden festzulegen?

    Ich meine, dass eine Überstundenklausel, damit sie in einem Arbeitsvertrag wirksam werden kann, die Anzahl der im Höchstfall zu leistenden Überstunden festlegen muss, damit der Arbeitnehmer weiß, was an Arbeit auf ihn zukommen kann.

    Wenn ich die Klausel bei uns mal ausreize, lande ich ja dann bei bis zu 20 Stunden Mehrarbeit pro Woche, weil das ja noch im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen wäre.
    Im gesetzlichen Rahmen wäre es auch 15 Wochen lang bis zu 20 Stunden/Woche Mehrarbeit zu fordern, erst dann nämlich (wenn die nächsten 11 Wochen nur 40 Stunden gearbeitet werden würde) wären die gemäß den gesetzlichen Bestimmungen im halben Jahr maximal möglichen 1248 Stunden (halbes Jahr= 26 Wochen multipliziert mit 48h/Woche) erreicht.

    Welche Klauseln habt ihr zum Thema "Höchstfall der zu leistenden Überstunden" in euren Formulararbeitsverträgen zu stehen?

    Und bitte nur den reinen Arbeitsvertrag betrachten (wichtig z.B. für Betriebe ohne Tarifvertrag, ohne Betriebsrat).

    Abendliche Grüße
    Meppen

  • Hallo Meppen,

    was steht denn in welchem Gesetz zu Mehrarbeit?

    Also im Arbeitszeitgesetz steht nichts zu Mehrarbeit.

    Kommen wir nun zu der Formulierung des Arbeitszeitgesetz. Scheinbar habt ihr eine 5-Tagewoche, da komme ich dann auf max. 50h je Woche, also 10 Stunden Arbeitstäglich und nicht auf 60 Stunden wie du schreibst, es sei denn ihr arbeitet an 6 Tage die Woche (weil das so im AV steht).

    Wenn ich den Begriff Mehrarbeit und Gesetz suche finde ich nur im SGB IX was. Dort steht, dass Schwerbehinderte von Mehrarbeit zu befreien sind. Und in dem Gesetz steht das die regelmäßige Arbeitszeit 8 Stunden beträgt, so dass ausschließlich alles was über 8 Stunden hinaus geht als Mehrarbeit bezeichnet werden kann.

    Daher, ich sehe in diesem Satz maximal die Verpflichtung an meinen regulären Arbeitstagen auch länger als 8 Stunden vor Ort zu bleiben, wenn dieses angeordnet ist. Als Tagesdienstleister für mich OK, wenn klar ist, dass diese Anordnung nicht heute früh erfolgen kann, du bleibst heute mal 2 Stunden länger sondern auch eine Ankünigungsfrist geregelt wird.

    gruß

    Rabauke

  • Danke Rabauke für den Hinweis auf eine Ankündigungsfrist. Wobei nicht klar ist, ob das in einem Formular-Arbeitsvertrag zu regeln.

    Kann ich deine Antwort so deuten, dass du die Klausel unbedenklich für einen Formulararbeitsvertrag findest?

    Wobei, kann ich nach der Klausel dann nicht jeden Tag gebeten werden länger zu bleiben?

    Gruß
    Meppen

  • Zunächst ist es völlig unerheblich, was im Arbeitsvertrag steht. Mehrarbeit und/oder Überstunden bedürfen nach §87 Abs.1 Nr.3 BetrVG immer der Zustimmung des BR'tes, es sei denn, ein Tarifvertrag oder eine einschlägige gesetzliche Bestimmung regeln etwas anderes.

  • Notwendige Mehrarbeit, soweit sie angeordnet ist, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen abzuleisten

    Gesetzliche Bestimmung:

    jede Stunde die ich arbeite muß vergütet werden

    ein bitten, bleiben Sie bitte länger ist keine Anordnung sondern eine Bitte

    Hiermit weiße ich an, die nächsten 3 Wochen bleiben alle 1 Stunde länger damit wir den Auftrag erledigt bekommen ist z.B. eine Anordnung

    Kann ich mich wenn das nicht dort im Arbeitsvertrag drin steht verweigern?

    Aus meiner Sicht nicht. Nicht ohne Grund steht im SGB IX dass die Schwerbehinderten Menschen auf ihr verlangen von der Mehrarbeit auszunehmen sind. Ich denke (urteile hierzu habe ich noch nicht gesucht, ist also mein Bauchgefühl) der Arbeitgeber kann jederzeit Mehrarbeit anordnen, egal ob es im Vertrag steht oder nicht, solange er es im Rahmen der gesetzlichen Grenzen macht.

    daher ist es ja auch wichtig, einen BR zu haben, denn sobald dieser da ist, muß er beim BR die Mehrarbeit beantragen und der BR muss der Mehrarbeit zustimmen. Verweigert der BR die Zustimmung gibt es erstmal keine Mehrarbeit.

    Arbeitgeber und Betriebsrat müssen sich hier auf eine regelung zur Mehrarbeit einigen. Zwingende Mitbestimmung nach § 87.

    Ggf. geht es in die Einigungsstelle.

    In der BV wird geregelt, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit Mehrarbeit zugestimmt wird, wie diese Mehrarbeit vergütet wird, wo die Grenzen der Mehrarbeit sind (bei uns 16 Stunden im Monat)

  • Notwendige Mehrarbeit, soweit sie angeordnet ist, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen abzuleisten

    Gesetzliche Bestimmung:

    jede Stunde die ich arbeite muß vergütet werden

    ein bitten, bleiben Sie bitte länger ist keine Anordnung sondern eine Bitte

    Hiermit weiße ich an, die nächsten 3 Wochen bleiben alle 1 Stunde länger damit wir den Auftrag erledigt bekommen ist z.B. eine Anordnung

    Kann ich mich wenn das nicht dort im Arbeitsvertrag drin steht verweigern?

    Aus meiner Sicht nicht. Nicht ohne Grund steht im SGB IX dass die Schwerbehinderten Menschen auf ihr verlangen von der Mehrarbeit auszunehmen sind. Ich denke (urteile hierzu habe ich noch nicht gesucht, ist also mein Bauchgefühl) der Arbeitgeber kann jederzeit Mehrarbeit anordnen, egal ob es im Vertrag steht oder nicht, solange er es im Rahmen der gesetzlichen Grenzen und Bestimmungen macht.

    daher ist es ja auch wichtig, einen BR zu haben, denn sobald dieser da ist, muß er beim BR die Mehrarbeit beantragen und der BR muss der Mehrarbeit zustimmen. Verweigert der BR die Zustimmung gibt es erstmal keine Mehrarbeit.

    Arbeitgeber und Betriebsrat müssen sich hier auf eine Regelung zur Mehrarbeit einigen. Zwingende Mitbestimmung nach § 87.

    Ggf. geht es in die Einigungsstelle.

    In der BV wird geregelt, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit Mehrarbeit zugestimmt wird, wie diese Mehrarbeit vergütet wird, wo die Grenzen der Mehrarbeit sind (bei uns 16 Stunden im Monat)

  • Danke an Rabauke und Iwan für Eure Beiträge.
      iwan: Du schreibst: „Zunächst ist es völlig unerheblich, was im Arbeitsvertrag steht. Mehrarbeit und/oder Überstunden bedürfen nach §87 Abs.1 Nr.3 BetrVG immer der Zustimmung des BR'tes,“

    Da gebe ich dir Recht, nur hatte ich was anderes gefragt: „Und bitte nur den reinen Arbeitsvertrag betrachten (wichtig z.B. für Betriebe ohne Tarifvertrag, ohne Betriebsrat).“

    Es geht mir also um die Pflichten, die aus dem reinen Arbeitsvertrag durch die Klausel:
    „Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Die Beschäftigte ist bereit, notwendige Mehrarbeit, soweit sie angeordnet ist, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu leisten" entstehen.
    Und ob die Klausel, so wie sie jetzt gefasst ist vielleicht ungültig ist, weil sie nicht bestimmt genug ist.

    Rabauke: Danke für den Hinweis auf die Regelung für die Schwerbehinderten Menschen in SGB IX (die auf ihr Verlangen von der Mehrarbeit auszunehmen sind). Interessant auch, dass du meinst der Arbeitgeber kann jederzeit Mehrarbeit anordnen, egal ob es im Vertrag steht oder nicht, solange er es im Rahmen der gesetzlichen Grenzen macht. Gut auch, dass ihr eine monatliche Obergrenze eingeführt habt (16 h imMonat)

    Demnach wäre die von mir beanstandete Klausel ja doch hinreichend genau? D.h. bis zu 2 Stunden Mehrarbeit /Überstunden bei einer 40/h Woche wären über einen gewissen Zeitraum zu dulden (Im halben Jahr nicht mehr als 48/h Woche im Durchschnitt).

    Viele Grüße
    Meppen

  • Hallo Meppen,

    du hast mich immer merh zum Nachdenken gebracht also habe ich was dazu gelernt und einfach mal gegoogelt. Mein Bauch hat mich getrogen!

    Hier das was der RA Hensche schreibt:

    https://www.hensche.de/Ueberst…eberstunden.html#tocitem3

    also bei dem AV so wie der formuliert ist, muss du keine Mehrarbeit nach seiner Meinung machen, da die Grenze nicht definiert ist

    weitere ergebnisse

    der Notfall, da muss man dann ran

    der sog. Notfall und die Überstunden

    Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung von Überstunden. Wenn keine Absprache mit dem Arbeitnehmers existiert, kann der Arbeitgeber im Normalfall keine Leistung von Überstunden vom Arbeitnehmer verlangen. Eine Ausnahme besteht nur für sog. Notfälle. In solche außergewöhnlichen Fällen ist der Arbeitnehmer aufgrund der arbeitsvertraglichen Treuepflicht zur Leistung von Überstunden verpflichtet. Die Betonung liegt hier auf Ausnahmefälle. Eine Ausnahmefall liegt nicht automatisch vor, wenn mehr Arbeit anfällt oder ein längerfristig geplantes Projekt aufgrund schlechter Planung nicht rechtzeitig – ohne Überstunden – beendet werden kann.

    Da also aus dem Gesetz keine Verpflichtung besteht ist der gesetzlichen Rahmen = 0 Überstunden ;). Sollte der AG damit nicht einverstanden sein soll er dir zeigen wo im gesetz steht, dass der Ag einseitig Überstunden anordnen darf und der Mitarbeiter gesetzlich verpflichtet ist diese abzuleisten ;).

    Pauschal wie bei euch formuliert reicht also nicht, es muß schon ein wenig mehr da stehen, z.B. bis zu 10 Stunden im Monat

    Gruß

    Rabauke

  • Kinners,

    irgendwie verrennt ihr euch da gerade...

    Es sind hier verschiedene Dinge zu trennen:

    a) muss ich überhaupt Mehrarbeit leisten?

    Ja, wenn es im Vertrag vereinbart wurde, was hier der Fall ist.

    b) Wie werden die Stunden vergütet?

    Und genau hier spielt die Unbestimmtheit eine Rolle. Stünde da, evtl. anfallende Überstunden sind mit dem Gehalt vergütet, wäre die Klausel irrelevant, weil unbestimmt und damit nichtig.

    Darum geht es hier aber gar nicht. Hier heißt es nur: im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Heißt für mich: unter Einhaltung des ArbZG und im Zweifelsfall auch unter Einhaltung der Ankündigungsfrist des § 12 TzBfG. D.h. jeden Tag eine Stunde länger, nur weil es dem Chef gerade so einfällt - nein.

    Im Übrigen gilt immer noch das Prinzip der Billigkeit. Sprich, es bleibt ja bei dem AV über z.B. 40 Stunden. Die kann der AG kurzfristig aushebeln. Langfristig wäre das eine Vertragsänderung.

    D.h. die Formulierung im AV bedeutet erst einmal nur: ja, prinzipiell bin ich bereit auch mal(!) mehr zu machen. Über die Konditionen reden wir halt dann, wenn es so weit ist. Nicht mehr, nicht weniger.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo Rabauke und Moritz,
    unter dem Link den Rabauke geschickt hat, finde ich folgendes:
    "Auf wel­cher Rechts­grund­la­ge sind Ar­beit­neh­mer zu Über­stun­den ver­pflich­te­tet?" (Geht nur um die Überstunden an sich, nicht um die Bezahlung derselbigen)

    "Wenn man als Ar­beit­neh­mer im All­ge­mei­nen nicht da­zu ver­pflich­tet ist, auf An­wei­sung des Ar­beit­ge­bers Über­stun­den zu leis­ten, fragt sich, wie­so dann land­auf land­ab Über­stun­den ge­macht wer­den. Ist das al­les il­le­gal?

    Nein, natürlich nicht, denn Über­stun­den sind (ab­ge­se­hen von der ex­trem sel­te­nen Not­fall­si­tua­ti­on) auch un­ter fol­gen­den Umständen rech­tens:

    • [Einvernehmliche Absprache…]
    • Ar­beits­ver­trag: In Ih­rem Ar­beits­ver­trag ist ei­ne Über­stun­den­klau­sel ent­hal­ten, die Ih­ren Ar­beit­ge­ber da­zu be­rech­tigt, ein­sei­tig nach sei­nem Er­mes­sen Über­stun­den an­zu­ord­nen. Da­mit ei­ne sol­che Über­stun­den­klau­sel wirk­sam ist, muss die An­zahl der im Höchst­fall zu leis­ten­den Über­stun­den fest­ge­legt sein, da­mit Sie als Ar­beit­neh­mer wis­sen, was auf Sie zu­kom­men kann. Nähe­re In­for­ma­tio­nen hier­zu fin­den Sie un­ter dem Stich­wort „Ar­beits­ver­trag und all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) - Über­stun­den­re­ge­lung“."

    D.h. Meppen könnte mit seinem Anfangsverdacht Recht haben, dass die Klausel im Formulararbeitsvertrag zu allgemein gehalten ist und damit gegen die AGBs verstößt.

  • Hallo.

    M.E. ist die Überstundenklausel rechtlich unkritisch, wenn die Überstunden vergütet bzw. ausgeglichen werden.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.