Abmahnung wegen Nichterscheinen zu Mitarbeitergespräch

  • Hallo zusammen,

    ich habe wieder einmal Fragen an die "alten Hasen".
    Folgender Vorfall, ein GFB´ler, der in unserem Hause Nachtdienste ausübt, aber ansonsten vollzeitbeschäftigt in einer anderen Einrichtung arbeitet, wurde schriftlich zu einem Mitarbeitergespräch gebeten, zu dem er nicht erschienen ist und sich auch nicht gemeldet hat. Daraufhin wurde dem MA eine Abnahnung erteilt und ihm ein neuer Gesprächstermin mitgeteilt, der allerdings außerhalb der zu erbringenden Arbeitszeit liegt. Der BR wurde darüber informiert. Der betroffene AN hat sich diesbezüglich bisher nicht beim BR gemeldet. Meine grundsätzliche Frage: muß ein AN außerhalb seiner Arbeitszeit zu einem Mitarb.gespräch erscheinen, was zudem auch noch an einem, mehrere Km entfernten Ort, stattfinden soll. Ein weiteres Problem sind die Teamsitzungen, die für die GFB´ler in der Regel während der Arbeitszeit ihrer Hauptbeschäftigung stattfinden und sie deshalb nicht daran teilnehmen können.
    Kann man dies von ihnen verlangen, oder ist die Hauptbeschäftigung vorrangig? Für eure Antworten bedanke ich mich im Voraus.

    Viele Grüße

    Roady51

  • Ich habe zwar keine Ahnung, was ein GFBler ist, spielt aber (glaube und hoffe ich) für die Beantwortung der Frage auch nur eine untergeordnete Rolle.

    Fangen wir mal hinten an:

    Zitat von Roady51

    Ein weiteres Problem sind die Teamsitzungen, die für die GFB´ler in der Regel während der Arbeitszeit ihrer Hauptbeschäftigung stattfinden und sie deshalb nicht daran teilnehmen können. Kann man dies von ihnen verlangen, oder ist die Hauptbeschäftigung vorrangig?

    Das ist, aus meiner Sicht, ein ganz klarer Fall des Weisungsrechts des AG. Wenn der sagt, lass die Arbeit liegen, komm zur Teamsitzung, dann ist das so. (Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der AN sich durch die unterlassene Arbeitsleistung in irgendeiner Form strafbar macht (unterlassene Aufsichtspflicht z.B.))

    Insofern sehe ich eine Abmahnung, für ein nicht wahrgenommenes Mitarbeitergespräch während der normalen Arbeitszeit, als zwar möglicherweise ethisch fragwürdig, aber juristisch einwandfrei an.

    Der Aufforderung zu einem Gespräch außerhalb der persönlichen Arbeitszeit und auch noch mit zusätzlichen Reisekosten verbunden, kann der AN (zumindest juristisch) gepflegt ignorieren, da der AG hier weit außerhalb seiner Weisungskompetenz agiert.

    Ob es, in Anbetracht der Vorgeschichte, auch taktisch klug ist, sich hier auf die Hinterbeine zu stellen, vermag ich, mangels fehlendem Hintergrund, nicht zu sagen, würde ich dem Kollegen aber anraten zu prüfen.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo Moritz,

    ganz so einfach ist es nicht.

    es stellt sich nämlich die Frage, ob die Einladung zum "Gespräch" hinreichend konkret war bezüglich der genannten Gründe.

    Nennt der AG nämlich die Gründe für ein Mitarbeitergespräch nicht, übt er sein Ermessen bei Maßnahmen nach § 106 GewO unbillig aus und der AN braucht nicht zu erscheinen. So auch BAG -9 AZR 404/08

    https://openjur.de/u/171877.html

  • Zitat von whoepfner:

    Hallo Moritz,

    ganz so einfach ist es nicht.

    es stellt sich nämlich die Frage, ob die Einladung zum "Gespräch" hinreichend konkret war bezüglich der genannten Gründe.

    Nennt der AG nämlich die Gründe für ein Mitarbeitergespräch nicht, übt er sein Ermessen bei Maßnahmen nach § 106 GewO unbillig aus und der AN braucht nicht zu erscheinen. So auch BAG -9 AZR 404/08

    https://openjur.de/u/171877.html

    hey Whoepfner, das hat Moritz doch geschrieben ;)

    Zitat von Moritz

    Der Aufforderung zu einem Gespräch außerhalb der persönlichen Arbeitszeit und auch noch mit zusätzlichen Reisekosten verbunden, kann der AN (zumindest juristisch) gepflegt ignorieren, da der AG hier weit außerhalb seiner Weisungskompetenz agiert.

  • Äh, Wolfgang, ich hätte da gerne ein kleines Problem... (oder so)

    ich verstehe zwar, dass der AG sein Weisungrecht nur nach billigem Ermessen ausführen darf, kann dem von Dir verlinkten Urteil aber nirgendwo entnehmen, dass bereits das nicht konkret benannte Thema eines anberaumten Mitarbeitergespräch hiergegen verstößt.

    Wenn der AG mich an meinem Arbeitsort, zu meiner normalen Arbeitszeit sprechen will, dann ist das erst einmal sein gutes Recht. Dass ich als AN zu einem solchen Gespräch ein BRM mitbringen darf, bzw. irgendwelche Dienstpflichten nicht vernachlässigen darf ist auch klar, aber im Moment fehlt mir hier jeglicher Anhaltspunkt dazu, dass irgendetwas davon zutreffend wäre.

    Habe ich etwas überlesen?

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • ... unabhängig davon dass es nicht stimmen kann, nehme ich an es handelt sich hierbei um einen geringfügig Beschäftigten.

    Sagen wir mal, die Putzfrau, die sonst auch noch in anderen Filialen aktiv ist.

    Noch bevor ich mir da den juristischen Sattel nehmen würde, frage ich erst einmal nach warum der "GFB" nicht zu dem Gespräch gegangen ist und sich auch nicht zurück gemeldet hat. Bevor man das nicht weiß, kann man diese Frage gar nicht schlau genug beantworten :)

    Vielleicht muss ein AN nicht zu einem Termin außerhalb seiner Regelarbeitszeit erscheinen, jedoch sollte er auf jeden Fall reagieren und genau das den fragen, der die Einladung ausgesprochen hat.

    Es ist ein Mehraufwand an Zeit denn hier ginge es also um "Überstunden zzgl. Reisezeit".

    Er kann bspw. mit Hinweis darauf um einen geeigenteren Termin bitten und dabei auch die Bezahlung der Reisezeit klären, sollte der Termin unumstößlich sein. Was wegen dem billigen Ermessen selbstverständlich zu begründen wäre.

    Meldet sich der GFB erneut nicht zurück ... wird es wohl zu einer zweiten Abmahnung kommen und das nicht, weil der Termin außerhalb der Regelarbeitszeit und km weit weg geplant wurde.

  • Vielen Dank für eure Antworten, es tut mir leid, wenn ich etwas Verwirrung geschaffen habe, mit der Abkürzung für die geringfügig Beschäftigten, in diesem Fall die 450,--€ Jobber. Wie schon erwähnt, der Kollege macht nur Nachtdienste und ist ansonsten tagsüber bei seinem hauptsächlichen Arbeitgeber beschäftigt und müsste sich für die Teamsitzungen, bzw. Mitarbeitergespräche da extra freinehmen. Meine Kenntnisse sind, dass zumindest die MA-gespräche während der Arbeitszeit stattzufinden haben, also im vorliegenden Fall während des Nachtdienstes. Natürlich könnte man einen Kompromiss eingehen. Richtig ist, dass der besagte Kollege auf das Schreiben hätte antworten müssen. Warum er es nicht getan hat, entzieht sich unserer Kenntnis, da er sich ja nicht beim BR gemeldet hat. Es sollte sich um das alljährliche MA-Gespräch handeln, darum finden wir die Reaktion des AG etwas überzogen und vermuten den wahren Grund woanders. Da wir sehr viele Geringfüg Beschäftigte Kollegen haben, ist es für uns schon ein immer wiederkehrendes Problem.

    Jetzt habe ich in diesem Zusammenhang noch eine weitere Frage: darf eine weisungsbefugte Person (z.B. Teamleitung) eine schriftliche Abmahnung erteilen, obwohl sie nicht berechtigt ist, arbeitsrechtliche Maßnahmen (Kündigung, Einstellung) durchzuführen? Wäre eine Abmahnung in diesem Falle überhaupt gültig?

    LG

    Roady51

  • Dazu gibt es ein BAG Urteil vom 18.01.1980, 7 AZR 75/78

    Dort heißt es (mehr oder weniger wörtlich):

    3. Als abmahnungsberechtigte Personen kommen nicht nur kündigungsberechtigte, sondern alle Mitarbeiter in Betracht, die befugt sind, verbindliche Anweisungen bezüglich des Ortes, der Zeit sowie der Art und Weise der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu erteilen.

    (hier gefunden: https://www.jurion.de/Urteile/BAG/1980-01-18/7-AZR-75_78 )

    Insofern wäre deine Frage wohl mit Ja zu beantworten. Auch der Teamleiter darf.

    Wer fragt ist ein Narr - für fünf Minuten. Wer nicht fragt bleibt ein Narr - sein Leben lang!

  • Hallo,

    ein paar Anmerkungen bzw. Nachfragen...

    Verstehe ich recht, dass es sich um jährliche, also regelmäßige, MA-Gespräche handelt? Ist dem BR hier klar, dass er da Mitbestimmung hat, und hat er diese Mitbestimmung ausgeübt und diese im Rahmen einer BV verwirklicht? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was sagt die BV über Einladung, Zeitpunkt, Freiwilligkeit etc.?

    M.W. sind AN grundsätzlich nicht verpflichtet, außerhalb der ArbZ zu MA-Gesprächen zu erscheinen - es stellt sich also hier die Frage, welche ArbZ ist bei dem/der betroffenen AN im AV vereinbart? Ist dort nichts genaueres spezifiziert, könnte der AG im Rahmen des billigen Ermessens (und bei Ausübung dieses Ermessens wäre natürlich der Hauptjob des/der AN zu berücksichtigen) den/die AN auch schon mal anweisen, tagsüber statt nachts zu kommen. Steht dort Nachtarbeit, hat der AG schlicht Pech... Wie war das in dem hier diskutierten Fall?

    Auch m.W. muss der AG auch vorher den Inhalt des MA-Gespräches spezifizieren, denn einE AN hat auch während der ArbZ nicht unbedingt die Pflicht, an jedem gesprächsangebot des AG teilzunehmen. Z.B. besteht keine Verpflichtung, über AV-Inhalte per se zu diskutieren, geht es aber um die die Art und Weise der Erbringung der laut AV geschuldeten Arbeit, kann eine solche Pflicht durchaus bestehen. Wie war das hier?

    Grüsse Winfriede

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Hallo,

    bei uns gibt es auch reine Nachtarbeit. Die MA-Gespräche finden dann in der Nachtsschicht statt. Die Vorgestzten können wählen, ob sie selbst eine Nachtschicht machen, oder eben zu den Gesprächen früher beginnen.

    In Ausnahmefällen, aber nur wenn der MA dem zustimmt, wird auch mal eine Schicht gewechselt.

    Gruß

    Hubertus

    Ich habe als Kind nicht laufen gelernt um heute zu kriechen.

  • Herzlichen Dank nochmals für eure Antworten.

    Moritz

    Die Unsicherheit, ob weisungsbefugte Personen in der schriftlichen Abmahnung auch mit arbeitsrechtlichen Schritten drohen dürfen, ist durch das BAG-Urteil nun beseitigt.

    Fried

    Der BR wurde vom AG über diese Abmahnung informiert. Bei dem MA-gespräch sollte es sich angeblich um ein alljährliches, regelmäßiges Gespräch handeln. Wir nehmen allerdings an, dass dies nur vorgeschoben war, da die Gerüchte etwas anderes vermuten lassen. Wie schon erwähnt, der AN hat sich nicht bei uns gemeldet und wir können nicht einfach tätig werden. Aber da wir viele Kollegen/Kolleginnen haben, die Nebenjobs dieser Art bei uns ausüben, wollen wir nur sicher sein,ob der AG sie zu diesen Gesprächen zitieren kann. Die Hauptbeschäftigung dieser MA ist in der Regel bei einem Krankenhaus, oder ähnlichen Einrichtungen. Sie üben ihre Tätigkeit bei uns nur während ihrer freien Nächte, bzw. Wochenenden aus. Wie es AVmäßig aussieht, wissen wir nicht.
    Eine BV dazu gibt es bisher (noch) nicht. Wir haben soviel Baustellen, dass wir nur nach und nach vorgehen können.

    Hubertus

    Auch wir sind der Meinung, dass solche Gespräche während der ArbZ stattfinden müssen, oder, nach Absprache mit dem MA, rechtzeitig vor Antritt seines Dienstes.

    LG, Roady51

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.