BR-Mitglied hat Verschwiegenheitspflicht gegenüber Mitarbeiter verletzt

  • Hallo und guten Abend,

    ich habe ein Problem und hoffe auf einen Ratschlag.

    Kurze Schilderung des Vorfalls:

    Ein Kollege (nicht BR) hat einem BRM eine ihm zugegangene Mail weitergeleitet,
    indem ein anderer Kollege durch falsche Aussagen über weitere Kollegen, den Betriebsfrieden stört. Dieses BRM hat dem Kollegen versprochen, das Thema in der BR-Sitzung anzusprechen und ihm einen vertraulichen Umgang zugesichert.

    Um den Vorsitz darüber zu informieren, dieses Thema in der Tagesordnung aufzunehmen, hat das BRM die Mail an den Vorsitz weitergeleitet.

    Leider hat der Vorsitz noch vor der Sitzung, die Mail an ein weiteres BRM weitergeleitet. Bevor wir in der Sitzung das Thema diskutieren konnte, ist unser Chef dazugekommen. Der kommt ab und an auf Einladung in die Sitzung, leider nie zur verabredeten Uhrzeit.

    Im Beisein des Chefs fängt dieses BRM, welches das Mail vom Vorsitz erhalten hat, plötzlich an über diese E-Mail zu sprechen. Leider hat der BR-Vorsitz das BRM nicht unterbrochen, sondern ein anderes BRM mußte in zum aufhören auffordern, mit dem Hinweis dass ein solches Thema nicht im Beisein des Chefs diskutiert werden sollte.

    Jetzt kommt das Problem: Auf Nachfrage des Chef`s, hat dieses BR-Mitglied den Namen des Kollegen genannt, der die Mail im Vertrauen dem anderen BR-Mitglied zur Verfügung gestellt hat.

    Wenn der Chef jetzt auf die Idee kommt, den Kollegen (der die Mail dem BR im Vertrauen weitergegeben hat) darauf anzusprechen, weiß der, dass er dem BR nicht trauen kann, wird das bestimmt und aus meiner Sicht auch berechtigt kund tun, und der BR kann einpacken.

    Sollte man dieses BRM nicht per Beschluss wegen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht aus dem BR entfernen?

  • Nach Deinen Schilderungen würde ich sagen, daß er es nicht anders

    verdient hätte.Denn mit diesem Vorgehen hat er die Vertrauensbasis

    der Mitarbeiter zum Betriebsrat zerstört.

    Wenn der BR hierauf nicht reagiert,werden sich die MA nicht mehr im

    Vertrauen auf die Schweigepflicht an den BR wenden können.

    Ein Ausschlußverfahren nach §23 Abs1 BetrVG wäre die richtige Antwort

    auf den Vertrauensbruch.

  • Hallo Iwan,

    das sehe ich auch so, und ich bin die ganze Zeit am googlen um etwas vergleichbares zu finden, was vielleicht schon einmal von einem Gericht entschieden wurde.

    Ich habe inzwischen die Problematik mit unserem GBR-Vorsitzenden diskutiert und der sagt nun, dass dieses Vergehen nicht für einen Beschluss gem. § 23 ausreichend ist. Er ist der Meinung, hätten wir in der Sitzung unter uns den Beschluss gefasst, dass der AG mit dem MA sprechen muss, hätten wir dem AG so oder so unsere Quelle kund tun müssen, da nur der AG mit seiner Vorgesetzenfunktion, die wir als BR nicht haben, dieses Problem abstellen kann. Das Umsetzen von pers. EM liegt immer im Aufgabengebiet des AG, in unserem Fall ist das ein Bereichsleiter.

    Nun könnte man natürlich auch vermuten, dass er mich mit seinem Rat bewußt in diese Richtung lenken will da jeder Konflikt, in einem unserer insgesamt 3 Betriebsräte, auch immer wieder im GBR von der Geschäftsleitung angesprochen wird, und er als GBR-Vorsitz das nicht möchte.

    Deswegen bin ich für jeden Rat von neutralen Betriebsräten dankbar.

  • Hallo amantea,

    hier bin ich völlig anderer Auffassung als Euer GBR-Vors.

    Denn sowohl BR, als auch die einzelnen BR-Mitglieder sind nach §§ 82,83 BetrVG

    zur Geheimhaltung verpflichtet, es sei denn, daß sie vom betroffenen AN aus -

    drücklich von der Schweigepflicht entbunden werden.

    Selbst wenn man davon ausgeht, daß der von Dir geschilderte Fall nicht von den

    §§ 82+83 erfaßt wird, liegt ja dennoch ein Verstoß gegen die Geheimhaltungs-

    pflicht vor.Denn ein AN,der ein BR-Mitglied vertraulich über betriebliche Vorkomm

    nisse unterrichtet, die dazu geeignet sind,den Betriebsfrieden zu beeinträchtigen,

    hat Anspruch darauf,daß sein Anliegen vertraulich behandelt wird.Hiervon erfaßt

    ist natürlich auch das BR-Mitglied,daß vom BRV diese Mail erhalten hat.Denn

    dieses Mitglied kann nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß die Mail und

    eventuell damit verbundene weitere Informationen ohne weiteres für die Öffent-

    lichkeit bestimmt sind.Vielmehr hätte das BR-Mitglied im Rahmen der verkehrs-

    üblichen Sorgfaltspflichten davon ausgehen müssen,daß die Mail vertraulich zu

    behandeln ist.

    Man könnte das Verhalten des BR-Mitgliedes auch in die Nähe von §78 BetrVG,

    nämlich als Störung der BR-Tätigkeit,rücken.

  • Also im Fitting steht zu § 23 unter RN 37 nur, dass grobe Pflichtverletzungen "Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nach § 79" sein können. Wenn schon auf Verschwiegeheitspflichtverletzungen eingegangen wird und nur § 79 herausgehoben wird, gehe ich davon aus, dass andere Verschwiegenheitspflichtverletzungen dann eher nicht zu den groben Pflichtverletzungen gehören.

    Dass sie nicht schön ist und der BR ggf. darunter leidet, ist eine andere Sache.

    Ich denke, ein Anwalt wird eher von einem Verfahren nach § 23 abraten.

  • Zitat von iwan:

    Hallo amantea,

    hier bin ich völlig anderer Auffassung als Euer GBR-Vors.

    Denn sowohl BR, als auch die einzelnen BR-Mitglieder sind nach §§ 82,83 BetrVG

    zur Geheimhaltung verpflichtet, es sei denn, daß sie vom betroffenen AN aus -

    drücklich von der Schweigepflicht entbunden werden.

    Hallo Iwan

    Sorry Iwan – aber § 82 + 83 treffen hier überhaupt nicht zu. Die Sachverhalte dort sind abschließend geschildert.

    Nach der obigen Schilderung ist eher von § 84 (Beschwerde) auszugehen. Ein AN leitet eine Mail mit „Betriebsfrieden störenden Inhalt“ an ein BRM weiter mit der Bitte sich darum zu kümmern.

    Und dazu sagt Fitting in RN 14 zu § 84 BetrVG

    Der AN kann ein von ihm bestimmtes BRM zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen. Eine bes. Schweigepflicht des BRM (wie nach §82 Abs. 2, §83Abs. 1) besteht in diesem Falle nicht. ES besteht kein Anspruch des AN auf anonyme Behandlung der Beschwerde.

    Und wo du bei dieser Sachverhaltsschilderung die Nähe zu § 78 hernimmst kann ich noch weniger nachvollziehen.

  • Ohadle,

    Mit §§82+83 hast Du natürlich Recht.War unglücklich formuliert.Aber dennoch liegt hier eine Verschwiegenheitsverletzung vor.Mit dem Hinweis auf §78 ist folgendes gemeint.Das BRM plaudert gegenüber dem AG eine Vertaulichkeit aus den Reihen der AN aus.Dies führt dazu,daß das Vertauensverhältnis der AN zum BR erschüttert ist,was dzu führen kann, daß sich kein AN mehr traut, sich dem BR anzuvertrauen. Hier kann man im weitesten Sinne eine zumindest indirekte Störung der BR-Arbeit annehmen.Man kann dies je nach dem Blickwinkel des Betrachters auch anders sehen.

    Auch wenn der Fall nicht exakt in dieses Schema hineinpaßt,ist für mich keineswegs ausgeschlossen,daß die Sache nicht nach §23 Abs.1 BetrVG geahndet werden kann.
    Unabhängig davon sollte der BR auf jeden Fall hingehen,die AN per Flyer zu informie ren

  • Vielen Dank an Alle für die Hinweise,

    bei meiner Suche im Netz nach vergleichbarem, bin ich auf "Die zehn Todsünden bei der Betriebsratsarbeit" gestoßen.

    Da steht unter anderem: Absolut tabu ist, von Kollegen anvertraute persönliche Informationen auszuplaudern. Nicht nur dass sie deren Vertrauen missbrauchen, Sie machen sich damit sogar strafbar. Nach § 120 Abs. 2 BetrVG droht Freiheitsstrafe oder...., wer unbefugt ein fremdes Geheimnis eines Arbeitnehmers oder namentlich ein zu dessen persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis offenbart das ihm in seiner Eigenschaft als BRM bekannt geworden ist".

    Der erste Satz passt perfekt, das ist ein TABU. Aber bei der Definition passt es schon wieder nicht, da es ja in diesem Sinne kein Geheimnis des MA war, der die Mail zur Verfügung gestellt hat.

    Auch die Aussage meines GBR-Kollegen hat mich noch mal zum nachdenken gebracht. Natürlich hätten wir unserem Chef die Mail mit den Betriebsstörenden Aussagen als Beweis geben können damit er Personelle Maßnahmen ergreifen kann, aber man hätte den Namen des MA der nicht genannt werden wollte, vorher unkendlich machen können. Wie ich es drehe und wende, ich finde keinen passenden § im BetrVG. In § 23 wird als grobe Pflichtverletung erst die wiederholte Verletzung der Verschwiegenheitspflicht aufgeführt.

    Iwan, noch ein Frage an dich:

    Was meintest du mit der Info an die AN. Soll ich meine Arbeitskollegen darüber informieren, dass eines unsere BRM nicht vertrauenswürdig ist?

  • Hallo amantea,

    ich bin im nachhinein etwas ins grübeln geraten.Da ich das plaudernde BRM nicht kenne, weiß ich natürlich nicht, ob dies ein Ausrutscher war, daß ihm das nur aus Unerfahrenheit und/oder Naivität passiert ist.Dann sollte man mit ihm nicht so hart ins Gericht gehen, sondern in Euerer nächsten BR-Sitzung eingehend diskutieren.

    Wenn das BRM jedoch jemand ist, daß sich, aus welchen Gründen auch immer, gegenüber euerem Vorgesetzten in Szene setzen wollte, dann bin ich schon der Meinung, daß Ihr die Belegschaft per Flyer informieren solltet. Denn das BRM hat dem gesamten Gremium mit dieser Aktion geschadet.

  • Hallo amantea,
    Hallo iwan,

    Eure Meinung ist erschreckend!

    Der Ablauf:
    :arrow: AN Müller leitet eine Email eines anderen Kollegen an BRM Meier weiter.
    :arrow: BRM Meier leitet diese Email an den BRV Schmitz weiter.
    :arrow: BRV Schmitz wiederum hat nichts Besseres zu tun, als diese Email an BRM Schulze weiterzuleiten.
    :arrow: BRM Schulze fühlt sich in der BR-Sitzung bemüßigt, diese Email im Beisein des AG anzusprechen, um dann auch noch AN Müller als den Kollegen zu benennen, der den Stein in´s Rollen gebracht hat.
    :arrow: Jetzt möchte das BRM amantea das BRM Meier aus dem BR kicken, weil der Chef auf die Idee kommen könnte, die Information zu verwenden.
    :arrow: BRM amantea erweitert den Kreis der "Mitwisser" um den G-BRV,
    :arrow: Nach diesem Gespräch denkt BRM amantea darüber nach, ihre KollegInnen darüber zu informieren, dass ein BRM nicht vertrauenswürdig ist.

    :arrow: iwan ist ganz ihrer Meinung und zückt sogleich die § 23, 78 Betrvg, kommt dann jedoch in´s Grübeln und möchte den KollegInnen jetzt vielleicht doch nur das BRM Schulze zum Fraß vorwerfen oder denkt zumindest darüber nach, die KollegInnen per Flyer darüber zu informieren, dass ein BRM nicht vertrauenswürdig ist. Prima Idee!!!
    Preisfrage: Welches BRM muss sich denn an den Pranger stellen?? Meier, Schmitz oder Schulze oder vielleicht alle Drei oder Müller & amantea auch noch mit dazu?

    Aufgrund von "was wäre wenn" ist diese Diskussion nicht nur völlig überzogen sondern komplett daneben; selbst wenn der AG aktiv würde!

    amantea, da Du so intensiv über die Vertrauenswürdigkeit von BRM nachdenkst, wundert es mich, dass der BRV so gut weg kommt bzw. von Dir unbehelligt bleibt! Und dass AN Müller offensichtlich kein Problem damit hatte, eine Email (offensichtlich ohne Kenntnis/Einverständnis des Kollegen) weiterzuleiten, scheint Dich auch nicht zu tangieren.

  • Hallo.

    Zitat von amantea:

    Sollte man dieses BRM nicht per Beschluss wegen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht aus dem BR entfernen?

    Ich frage mich, was für ein Gremium seid Ihr, was läuft zwischen Euch ab, dass Ihr wegen so etwas gleich an die allerhärtesten Konsequenzen denkt? M.E. solltet Ihr Euch mal prinzipielle Gedanken über Eure Dynamik im Gremium machen, v.a. wenn es schon so weit ist, dass Eure internen Streitereien vom AG im GBR angesprochen werden (und somit schon gar nicht mehr intern sind)...

    Ist es gar nicht möglich, BRM per Beschluß aus dem BR zu entfernen.

    Aber: Möglich für den BR ist es, per Beschluß ein gerichtliches Ausschlußverfahren zu initiieren - damit die Arbeitsgerichtsbarkeit dem nachkommt, bedarf es aber einer groben Verletzung der gesetzlichen Pflichten des BRM. Und so etwas liegt hier schlicht nicht vor. Auch eine Störung der BR-Tätigkeit durch das BRM sehe ich hier nicht.

    Eine Verletzung gesetzlicher Verschwiegenheitspflichten liegt hier nicht vor, sondern eine m.E. nicht rechtlich, aber moralisch bindende Zusage der Vertraulichkeit (die innerhalb des Gremiums in diesem Fall aber nicht gelten kann). Das Nennen des Namens gegenüber dem AG ist in dieser Hinsicht ein Fehler und eine Vertrauensverletzung gegenüber dem/der AN. Und das sollte der BR mit dem/der betroffenen AN besprechen, um Entschuldigung bitten und über das weitere Vorgehen sprechen (m.E. sollten das der/die BRV und das BRM machen): Soll man das nun als offizielle Beschwerde betrachten?

    Die Belegschaft per Flyer informieren? Evtl. das BRM damit an den Pranger stellen? Gehr gar nicht. Außer Ihr wollt Euch gegenüber AG und Belegschaft öffentlich als der Kindergarten darstellen, der Ihr u.U. tatsächlich seid. Gute Öffentlichkeitsarbeit sähe anders aus.

    Grüsse Winfried

    "Wenn Arbeit etwas schönes und erfreuliches wäre, hätten die Reichen sie nicht den Armen überlassen." (Paul Lafargue)

  • Hallo Kokomiko,

    wenn du diese Diskussion für daneben findest, okay Meinungen sind eben immer unterschiedlich.

    Doch ich sehe das Forum als einen Austausch unter BR-Mitgliedern , der einem vielleicht auch davon abhält etwas falsches zu tun. Wenn man nicht direkt davon betroffen ist, kann man gut reden.

    Um deine Verwunderung zu entwundern: Es tangiert mich nicht so wie du es vielleicht erwartest, weil bereits schon mehrere meiner Kollegen Opfer solcher Hetzreden von diesem einen MA wurden. MA Müller war der einzige der sich im Vertrauen an den BR gewendet hat, und das macht diese Sache für mich zur Diskussion.

    Was kann ich den dem BRV vorwerfen?

    - Dass er BRM Schulze nicht unterbrochen hat? Okay, das habe ich bereits getan, aber das hilft mir nicht bei meinem eigentlichen Problem.

    - Dass er die Mail an BRM Schulze weitergeleitet hat? Alle BRM haben das Recht auf gleiche Information.

    Hallo Winfried,

    du hast es völlig richtig erkannt, unser Gremium ist leider nicht so wie es sein sollte.

    Das mit dem GBR habe ich so gemeint; würde ich, wie du es beschreibst, per Beschluss ein gerichtliches Ausschlussverfahren machen, würde es die GL mitbekommen, das sie ja die RA-Kosten tragen muss. Und immer wenn es ums Geld geht, spricht unser AG gerne im GBR darüber, weil er die 3 BR`s gerne gegen einander ausspielt „ Böser BR – Guter BR“.

    Ich habe mich in diesem Forum, das ich wie gesagt als Austausch von Erfahrungen sehe, mit der Hoffnung gemeldet, von einem erfahrenerem BR als ich es vielleicht bin, eine Antwort und einen Rat zu bekommen.

    Deine Ausführung über die moralische Zusage der Vertraulichkeit sehe ich auch so, und ich finde deinen Vorschlag mit dem Betroffenen AN zu sprechen gut. Ich war mir hier nur nicht sicher, ob ich damit nicht vielleicht noch mehr Schaden anrichte, was das Ansehen des BR angeht.

    Danke auch dir Iwan, für deine Ratschläge.

    Vielen Dank

    Vielen Dank

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.