Änderungsverfahren Behinderung - Kollegin soll erwarteten GdB angeben

  • Hallo zusammen,

    ich benötige Hilfe beim Ablauf eines Änderungsverfahrens bei einer behinderten Kollegin. Das Verfahren habe ich nicht begleitet, die Kollegin hat es in "Eigenregie" gemacht.

    Die Kollegin hat z.Zt. einen GdB von 40 (Hüftleiden). Nach einer Bandscheiben-OP nach Vorfall hat sie einen Änderungsantrag gestellt. Sie wurde von einem Vertrauensarzt untersucht. Ihr Antrag auf Veränderung des GdB wurde abgelehnt.

    Sie hat daraufhin Widerspruch eingelegt, Akteneinsicht erbeten und selbst geschildert, warum sie mit dem Bescheid nicht einverstanden ist.

    Angabegemäß hat sie nun Post erhalten mit einem Formular, auf dem sie selbst den GdB angeben soll, den sie erwartet zu bekommen.

    Hat jemand Erfahrung damit? Welche Auswirkungen hat das? Ich denke mal, die Fragen nicht nach und man erhält den GdB, den man sich wünscht.

    Danke im Voraus für eure Hilfe...

  • Hallo Ulrike Nix,

    um ein "Wünsch Dir was" Programm geht´s mit Sicherheit nicht, aber die Kollegin kann sich mit Hilfe der SBV an den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen orientieren.

    Ich könnte mir vorstellen, dass mit dieser Fragestellung abgeklopft wird, ob sich jemand auskennt oder nicht. In Abhängigkeit dessen wird man bei einem offensichtlich kundigen Antragsteller vermutlich eher geneigt sein, den GdB höher zu bewerten. Dazu wird uns Whoepfner aber mit Sicherheit mehr sagen können.

    Gruß
    Kokomiko

  • Hallo Ulrike Nix,

    ja das gibt es tatsächlich.

    Hier wurde ja ein Erhöhungsantrag wegen Verschlimmerung gestellt. Dort gibt man dann seinen "Wunsch GdB an": (Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung auf wenigstens ...).

    Bei einem Widerspruch gegen einen negativen Bescheid, erhalten die Betroffenen öfters dieses Formular mit der Frage nach dem "Wunsch GdB".

    Das man hier dann auch den GdB erhält, den man angegeben hat bezweifel ich stark.

    Eine gute Begründung mit den dazugehörigen Fakten ist da wesentlich hilfreicher.

    Gruß aus dem Süden

  • Vielen Dank für eure Hilfe.Jetzt habe ich schon mal ein Gefühl für das "Problem", und muss nun noch meine Informationslücken schliessen. Und eine gute Argumentation ist bestimmt besser als alles andere.

  • Hallo,

    wir reden nicht über einen Antrag, sondern über eine Widerspruchsbegründung.

    Bei Widerspruchsbegründungen ist es sehr wohl üblich und auch für den Antragsteller hilfreich, sowohl die Einzelgrade als auch den Gesamt-GdB möglichst exakt zu benennen. Dafür gibt es zwei Gründe.

    Zum einen ist es in Hinblick auf eine evtl. notwendige Klage empfehlenswert, anhand des Einzelbewertungsblattes, das zur Akteneinsicht dazugehört, alle geltend gemachten Funktionseinschränkungen einzeln zu überprüfen, ob sie angemessen sind. Dazu muß man die Einzelbewertungen mit denjenigen in der von Kokomiko verlinkten "Anlage zu § 2 VersmedV - Teil B" vergleichen. Bei den meisten Funktionseinschränkungen gibt es größere Spielräume und viele VAs setzen mal grundsätzlich immer den unteren Wert an.

    Das muß dann ggfs. in der Widerspruchsbegründung schon Punkt für Punkt abgearbeitet werden.

    Dann muß man anhand der speziellen "Versorgungsmathematik" des Teils A, Nr. 3 den Gesamt-GdB ermitteln, d.h., ob es "Zuschläge" (max. 2x) auf den höchsten Einzel-GdB für weitere Funktionseinschränkungen gibt, die für sich allein mindestens einen Einzel-GdB von 20 haben. Diesen "Zuschlag" gibt es aber nur für Funktionseinschränkungen, die sich im Vergleich zur "Haupteinschränkung" im Wesentlichen unterschiedlich auswirken. Das muß ebenfalls in der Begründung explizit angeführt werden und der "Zuschlag" explizit eingefordert werden.

    Bei der geschilderten Kombination Hüfte/Wirbelsäule kann es zB sehr wohl vorkommen, daß für die Hüfte GdB 40 und die Wirbelsäule GdB 20 zuerkannt wird, aber ein "zuschlag" vom VA verweigert wird, da das VA sich auf den Standpunkt stellt, daß es sich um dasselbe Funktionssystem handelt und die Auswirkungen (auf die Bewegungsfähigkeit) gleichartig sind. Das muß dann widerlegt werden.

    Laien kann ich eigentlich nur davon abraten, sich selbst an einer Widerspruchsbegründung zu versuchen, da man auf die dort gemachten Angaben evtl. in einem Gerichtsverfahren "festgenagelt" wird. Für so was sollte man Profis in Anspruch nehmen - sei es von einer professionell arbeitenden SBV mit fundierten Kenntnissen, sei es von einem Fachanwalt in Sozialrecht.

    Chronisch kranke Menschen, die in diesem unseren real existierenden "Agenda 2010"-Staat leben und keinen Rechtsschutz über Gewerkschaft oder private RSV im Sozialrecht haben, haben ohnehin am falschen Platz gespart. Organisationen wie VdK oder SOVD kann ich nur sehr bedingt empfehlen, da insbesondere die Beratungsqualität ihrer Ehrenamtlichen sehr stark schwankt.

    Der zweite Grund für eine Angabe des gewünschten Gesamt-GdB in der Widerspruchsbegründung ist einfach der, daß man bei (Teil-) Erfolg einen Anspruch auf (Teil-) Erstattung der Kosten und Auslagen hat. Dieser Anspruch hat natürlich damit zu tun, was gefordert und was zuerkannt wurde.

    Habe ich zB bereits GdB 40 und fordere 60, bekomme aber "nur" 50, wird im Widerspruchsbescheid auch der Satz der Kostenerstattung auf 50% festgelegt.

  • Vielen Dank whoepfner,

    das hat mir nochmal sehr geholfen. :) Dass es sich um die Widerspruchsbegründung handelt, habe ich schon herausgefunden. Ich werde mit der Kollegin ins Gespräch gehen.

    Leider sehe ich mich als SBV auch nicht in der Lage, professionell zu helfen , da mir einfach die Erfahrung fehlt :oops: . Und wenn die Kollegen dann "auf den letzten Drücker" und kurz vor Fristablauf auf mich zu kommen, ist es nicht so einfach - das ist bei uns im Hause leider immer wieder so. Ich arbeite dran...

  • Hallo zusammen,

    ich hoffe whoepfner bleibt diesem Forum noch lange erhalten mit seinen fundierten Wissen über SBV Themen :D , damit ich noch dazu lernen kann, auch wenn ich keine SBV bin - aber wer weiß was noch alles passiert bis zur Rente :roll: 8)

    Grüße aus Bayern

  • wissbegierig und Hampel:

    Danke für die Blumen.

    Allerdings kann sich auch ein BR durchaus selbst elementares Grundwissen in Seminaren aneignen.

    Ein entsprechender Schulungsbedarf ist zB begründet in den BR-Aufgaben nach § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG

    http://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__80.html

    oder § 99 SGB IX:

    http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9/__99.html

    Konkrete Informations- und Beteiligungsrechte des BR ergeben sich zB auch aus den §§ 80 Abs. 2, 81 Abs. 1, 83,84 SGB IX

    All das sollte im BR ebenfalls bekannt sein - unabhängig davon, ob es eine SBV gibt.

  • albarracin,

    Lieber Kollege,

    das weiß ich, und ich glaube, daß ich da auch schon einen ganz brauchbaren Grundstock an Wissen zusammengetragen habe. Ich möchte mich auch weiterhin darum bemühen, die Belange der KollegInnen mit GdB mit-vertreten zu können und noch besser Bescheid zu wissen. Ich denke, zu viel Wissen gibt es da nicht.

    Trotzdem empfinde ich Ihre Beiträge als sehr gut und fachlich fundiert und sie trugen schon zum o.g. Zuwachs bei, z.B. die Sache mit BEM bei KollegInnen mit GdB: §84(1)<->(2) SGB IX, das wußte ich nicht und wurde mir/uns auf Fortbildungen auch von den Dozenten des Integrationsamtes nicht auseinanderklamüsert. Ihr Beitrag war da sehr erhellend.

    Kollegiale Grüße,

    hampes

  • Hallo,

    was man immer im Auge haben muß ist das es den Verschlimmerungs Antrag so nicht gibt, es findet tatsächlich eine Neubewertung statt!

    So kann dann sein das einer mit 40 GdB reingeht und dann nach der OP am Rücken eine GdB 20 bekommt und der alte GdB dann aber auch nur mit einen GdB 20 bewerted wird, dann sind es under Umständen nur noch 30 Punkte. Es findet immer eine gesamt Schau aller GdB s, nach den aktuellen Richtlinien, statt.

    Im Normalfall müsten alle Behinderten bei einer Änderung der Richtlinien angeschrieben und gebrüft werden ob es für sie so noch stimmt, das macht aber keiner weil das Personal dafür nicht da ist, allso wird gewartet bis sich einer meldet.

    Man muß sich immer genau umschauen wenn an seinen GdB was machen will!

    Es gibt und gab immer Fälle die dann statt 50 GdB, früher in Rente, danach in die Röhre schauen.

    Ergo

  • Team-ifb

    Hat das Thema geschlossen.